Der Kampf mit dem sich sträubenden Moment

Also was ich noch sagen wollte…wo war ich…ah…also auf jeden Fall fasziniert mich die Frage, warum wir in einem Moment noch an einem Bild rumnoddeln, während wir im nächsten, wenn nur ein kleines Linchen, ein winziges Pixelchen hinzugekommen ist, der Meinung sind: „Nu isses fertig! Das Meisterwerk!“ Für einen Außenstehenden ist kein Unterschied zu sehen, selbst für mich ist kein Unterschied zu erkennen, hab schon längst vergessen, wo diese kleine Linie ihren Platz gefunden hat und auch an der Aussage und dem Gefühl hat sich nichts geändert. Also warum bin ich ohne den Pixel nicht fertig, mit ihm aber schon?


Ich hege den Verdacht, dass es vielleicht was mit Abschied zu tun hat? Mit loslassen? Ich meine beobachtet zu haben, bin mir jedoch nicht ganz sicher, dass vor dem „Fertig“ ein Moment kommt, in dem ich das Bild mit den Augen anderer anschaue. Sozusagen einen Schritt zurücktrete und versuche das zu sehen, was andere sehen werden. Ähnlich, wie es ein Vater oder eine Mutter tun würden, die ihr Kind auf Armeslänge vor sich hinstellen, um es ein letztes Mal zu betrachten, bevor sie es in die Welt hinausschicken. Ich wechsele damit die Perspektive. Nun kommt in meinem Fall ja noch hinzu, dass ich doch diese enorme Waage bin und dass es bei mir beim „Fertig sein“ mit einem Bild oder einem Text ganz oft auch mit darum geht, dass ich ein Gesamtgleichgewicht versuche zu schaffen, geschaffen habe.

Ich habe beim Malen schon so oft versucht, bewusst den Moment zu erwischen, an dem ein Bild fertig ist. Den Moment zu erleben, in dem ich entscheide: Jetzt ist es fertig. In dem das Bild von etwas, was nur mir gehört, zu etwas anderem wechselt, das ich bereit bin der Welt zu zeigen. Sozusagen mich selber dabei zu beobachten und zu dokumentieren, welche Gedankengänge, welche Gefühle und welche Pinselstriche vor dem „Ende“ ablaufen und den Moment aktiv und bewusst dabei zu überraschen, wie er ankommt, wie er sich verhält und was zu ihm führt.Geschafft hab ich es aber noch nie.

Das ist frustrierend und macht mich ungeduldig. Ungnädig. Es ist, wie die kleinen Flimmerteilchen, die vor dem Auge hin und her schwimmen und die uns mit leisem, kameradschaftlichem Spott hänseln: „Schau, hier bin ich. Wenn Du mich genau ansiehst, wirst Du mich diesmal sicher zu fassen bekommen, versuch es, diesmal renn ich auch nicht weg – ganz fest versprochen!“ Und wenn man dann darauf reinfällt und sich ihnen annähert, rennen sie mit klappernden Schuhen die nächste Gasse entlang und schütten sich dabei aus vor Lachen „Dummerchen, weisst Du denn nicht, dass Du uns niemals greifen kannst? Wenn Dein Blick sich nähert, tauchen wir ein und ab, verschwimmen mit der Welt, um in sicherer Entfernung wieder aufzutauchen. Niemand kann uns einfangen oder auch nur betrachten.“ Es ist kein böses Lachen, eher ein gutmütiges Necken, denn so weit sind sie entfernt von uns Sterblichen, die wir immer alles anfassen, anschauen und begreifen wollen, dass sie in uns kindliche Narren sehen, die nur glauben, was sie berechnen und kalkulieren und können und dabei die Welt einfach übersehen.

So unerreichbar wie diese flimmerigen Teilchen, erscheint mir auch der Moment, in dem wir ein Werkstück beenden: Je mehr ich den Moment greifen, erfahren und verstehen will, desto mehr entzieht er sich mir. Einmal geblinzelt und schon verpasst. Wenn ich nun beschließen würde, erst wieder aufzuhören zu malen oder zu schreiben, wenn ich diesen Moment bewusst erlebe und zu fassen kriege, würde ich dann endlos lang malen oder schreiben? Oder würde der Moment irgendwann klein beigeben und sagen: „Weisst was, scheiss drauf, das ist mir jetzt zu blöd. Der Klügere gibt nach, hier hast mich“ bevor er wütend aus dem Zimmer stapft und die Türen knallt?

Und wenn ich ihn so einfangen würde, wäre er denn dann überhaupt noch der selbe Moment und wäre ich dann noch so fasziniert von ihm?

P.S.

Ja, sorry, hab mich bissle verfranst. Fand es aber ganz schön da, wo ich war und bin deshalb ein bisschen dort geblieben. Werde den Faden des P.S. aber wieder aufnehmen und irgendwann anders schreiben, was ich eigentlich vorhatte zu sagen.

 

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