Russland’s neues Gesetz zu häuslicher Gewalt: Ein Schlag in 14.000 Gesichter

Ok. Euronews ist mein Kanal der Wahl, wenn es um Nachrichten geht. Kann ich wirklich nur empfehlen, vor allem, weil sie sich wirklich auch für Themen wie Kultur, Sport, Gesellschaft, Geschichte und so weiter interessieren. Es gibt dort auch eine geniale, berührende Rubrik namens “ No comment“. In ihr werden aktuelle Geschehnisse ohne jeglichen Kommentar gezeigt. Das ist manchmal erstaunlich eindrücklich, wenn man mehrere Minuten etwas sieht und hört, vor allem in der heutigen Fernsehwelt, in der 20 Sekunden-Happen schon eine lange Zeit sind. Durch diese intime Fokussierung, wird selbst ein Schmetterling der sich entpuppt, plötzlich erstaunlich präsent. Aber oft ist es auch herzzerreißend und beklemmend, wenn zum Beispiel Bombenangriffe oder ein Militärschlag, eine Demonstration mit Polizeigewalt minutenlang mit Originalton gezeigt werden, ohne dass eine Stimme uns davon ablenken kann.


Herzzerreißend ist auch das Thema meines heutigen Beitrags. Es geht um folgenden Artikel auf Euronews. Russland verabschiedet gerade ein Gesetz, das den ersten Fall von häuslicher Gewalt von einem Kriminaldelikt zu einer Ordnungswidrigkeit herabstuft. Das ist sowas von die falsche Richtung, dass ich fast sprachlos bin. Gewalt, egal von wem und gegen wen, ist nie akzeptabel. Wir sollten versuchen sie weiter abzuschaffen, nicht sie zu legalisieren! Als Triebfeder hinter dem Gesetz wird genannt, dass der Staat sich mehr aus der Familie rausziehen soll. Nun kann ich diese Sehnsucht zwar prinzipiell verstehen, denn im Zuge der heutigen Optimierungs-und Gesetzhysterie verlieren wir alle unsere Freiheit und unsere Seelen. ABER: Da gibt es andere Wege die individuelle Hoheit zurück zu gewinnen. Nicht das Thema häusliche Gewalt! Tatsächlich, wenn man zwischen den Zeilen liest, offenbart dies, dass wohl viele in Russland häusliche Gewalt als Privileg, als Recht ansehen, das ihnen zusteht? Das ist krank und falsch und Russland (und jedes andere Land) sollte Gewalt nicht schützen, sondern als Ziel haben Gewalt zu verdammen und auszurotten. Vor allem, wenn man den letzten Satz des Artikels bedenkt. Am Ende dieses Artikels wird nämlich erwähnt, dass laut UN-Informationen in Russland jedes Jahr 14.000 Frauen an den Folgen von häuslicher Gewalt sterben.

Stille.
14.000 Frauen.
Jedes Jahr.
Das sind mehr als 38 Frauen TÄGLICH!
Jeden einzelnen Tag.
38 Frauen, die dort jeden Tag einen Alptraum nicht überleben.

Ich musste ein bisschen weinen und bin immer noch sehr aufgewühlt, als ich an all diese Frauen gedacht hab. Als ich an die schreckliche, schreckliche Angst und die Schmerzen gedacht hab, die diese Frauen gehabt haben müssen, in den letzten Minuten, bevor sie getötet wurden. Ich hab an die vielen Leben gedacht, die verloren sind. So sinnlos verloren. Diese Frauen sind nicht sterbenskrank gewesen. Sie waren nicht Opfer von Naturkatastrophen. Sie wurden ermordet von Menschen, mit denen sie zusammen lebten. Getötet im Zorn. Sie wurden einfach ausgelöscht durch die Unkontrolliertheit eines anderen Menschen. Es ist unbegreiflich. 14.000 Frauen.


Tatsächlich hat mich diese Zahl so mitgenommen, dass ich auf die UN-Seite gegangen bin, um sie zu verifizieren. Dabei bin ich über einen UN-Bericht über Gewalt gegen Frauen gestolpert. Dort stehen all die schrecklichen, alptraumhaften Dinge drin, zu denen wir Menschen überall auf der Welt fähig sind. Es ist grauenhaft, was wir uns antun. In dem Bericht werden auch Empfehlungen für die Zukunft ausgesprochen, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern. Unter anderem wird gesagt, dass die bei weitem effektivste Maßnahme die ist, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verbieten und daraus eine Straftat zu machen. Leider ist es im heutigen Kontext nicht überraschend, dass Russland wohl nicht an der Zukunft interessiert ist, sondern sich zurück in düstere Zeiten entwickelt. Seit 2016 passiert ist, ist es manchmal schwer keine Angst vor der Zukunft zu haben. Und ich geb zu, alles, was so auf der Welt grad passiert, zieht mir auch manchmal den Zahn hier was zu schreiben. Aber ich geb nicht auf. Denn grad jetzt ist es wichtiger denn je, dass wir für das einstehen, woran wir glauben.

P.S. Ja, obwohl ich nur über Frauen geschrieben hab, ist mir natürlich klar, dass häusliche Gewalt nicht nur gegen Frauen geht, sondern auch gegen Männer/Jungen. Wie gesagt: Gewalt ist nie akzetabel. Aber wir brauchen hier auch keine Spielchen spielen: Die Mehrheit der Opfer von häuslicher Gewalt sind Frauen und Mädchen. Frauen und Mädchen, die von Männern ermordet werden. Denen ihr Leben gestohlen wird. Das sollte niemanden kalt lassen und Gewalt sollte nie normal oder entschuldbar sein. Weder für Frauen noch für Männer.

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