Wenn man mal so drüber nachdenkt

Meistens fühle ich mich anders als andere. Und manchmal denke ich: Das bildest Du Dir nur ein. Den anderen geht es sicher auch nicht anders. Aber das stimmt natürlich nicht. Ganz viele Menschen fühlen sich wie jedermann. Ich bin neugierig, wie sich das anfühlt: Fühlt man sich als Teil des Ganzen? Ist es sicher, da wo die Jedermänner sind? Wie kommt es, dass anderer Leute Leben immer so alltäglich und gelebt aussehen und unser eigenes oft so defizitär? Ist es alleine die Tatsache, dass wir deren Gefühle, die Untertitel zu Ihren Taten und Gedanken sozusagen, nicht kennen oder ist es tatsächlich so, dass manche Leben einfacher sind? Eigentlich ist das ja Quatsch, oder? Eigentlich müsste sich das Gefühl „Liebe“ oder das Gefühl „Angst“ doch für alle gleich anfühlen? Ein Meter bleibt doch auch ein Meter, egal ob er jetzt von Dir oder mir angeschaut wird.

Ich versteh das nicht. Ich mein, klar weiß ich, dass Gefühle sich für jeden anders anfühlen, abhängig davon, was wir erlebt haben und wer wir sind und all so’n Zeug. Ich weiß das natürlich. Aber ich weiß nicht WARUM. Das macht doch gar keinen Sinn. Das würde bedeuten dass ein Gefühl wie Liebe sich weder durch uns, noch durch den von uns Geliebten großartig verändert oder bedingt, sondern hauptsächlich dadurch, was wir im Leben erleben. Das würde bedeuten, dass die Liebe, sowohl ihre Existenz, als auch ihre Stärke meist zufällig ist und nichts mit uns zu tun hat. Das würde bedeuten, wenn wir in einen riesigen Unfall geraten oder in einen Banküberfall, dann ändern sich unsere Gefühle. All unsere Gefühle. Dabei denken wir oder wollen wir denken, dass unsere Gefühle einzigartig sind. Dass sie nur mit uns und dem Gegenüber zu tun haben. Wir wollen daran glauben, dass der Glanz des geliebten Menschen unsere Liebe heller erstrahlen lässt. Dass das Objekt der Liebe das Gefühl erhabener macht. Wenn man aber mal so drüber nachdenkt, meint man, dass das vielleicht einfach ein Märchen ist?

Ich bin superfroh, dass niemand in der Welt Gefühle so wirklich ernst nimmt. Ja sie sind da und ja sie sind wichtig und alles, aber wer was auf sich hält hat sie im Griff. Wenn wir „Gefühle“ hören, schalten wir intern sofort um: Bis grad eben haben wir es noch ganz genau genommen, aber wenn es um Gefühle geht… da muss man nachsichtig sein und kann das Ganze nicht so ernst nehmen. Ich bin froh über diese merkwürdige, zwiespältige Bewertung. Denn wenn man unsere Gefühle wirklich benennen, messen und reproduzieren könnte, wären wir allem und jedem hilflos ausgeliefert. Aber das wird schon noch kommen. 

Wenn man drüber nachdenkt, sind Gefühle und Gedanken – Fühlen und Denken – das einzige, das uns durch unser ganzes Leben begleitet und nie aufhört. Wir sind so gewöhnt an ihre Gesellschaft, wie wir daran gewöhnt sind zu atmen oder unseren Herzschlag zu hören. Vielleicht ist das Gefühl der Herzschlag der Seele und das Denken der Herzschlag des Gehirns? 

Zugegeben: Merkwürdig finde ich es schon, dass man noch keine Maßeinheit für Gefühle erfunden hat. Gibt es denn nicht sowas wie Gefühlsforscher?  

Ich meine nicht Psychologen, Soziologen oder Biochemiker, sondern wirklich Leute, die drüber nachdenken und forschen, wie Gefühle sich messen lassen, wie sie sich zusammensetzen, zum Beispiel 33% aus Erinnerungen, 33% aus Erwartungen, 10% aus Angst. Welche evolutionäre Funktion sie haben, wie und wodurch sie sich verändern und wo sie hingehen, wenn sie verschwinden (die Saubande, schon wieder einfach abgehauen ohne Bescheid zu geben und in der Kneipe versumpft!). 

Oh, habt Ihr’s gemerkt? In meinem Beispiel oben hab ich ein Gefühl als Ingredienz für Gefühle genannt: Angst. Dass mir das passiert ist, liegt wahrscheinlich daran, dass Angst das einzige Gefühl ist, das wir eigentlich immer haben. Permanent. Oder nahezu permanent. Als einzige  Ausnahme fallen mir bestimmte Sorten von Spaß ein. Aber abgesehen davon, ist Angst immer in jedem anderen Gefühl vorhanden. Praktisch in der Warteschleife, auf Abruf, bereit sofort einzuspringen. 

Wenn wir lieben, haben wir Angst

Wenn wir Erfolg haben, haben wir Angst

Wenn wir Spaß in der Achterbahn haben, haben wir Angst

Wenn wir Angst haben, haben wir Angst

Das ist ganz schön beschissen. Aber wenn man noch genauer hinschaut, dann ist der Grund, wovor wir Angst haben meist: Vor dem Verlust. Somit, um in der Analogie zu bleiben, in der ich weiter oben Gefühle als körperliche Funktionen der Seele beschrieben habe, wäre Angst zu haben die Körperaktion „Sterben“ der Seele. Mit anderen Worten: Mit jedem Verlust stirbt unsere Seele. Und dann wäre Angst gar kein Gefühl, sondern ein Symptom. Wie Schmerz oder eine Schniefnase.

Ganz schön interessant, wenn man mal so drüber nachdenkt.

2 Kommentare

  1. puzzleblume sagt:

    Schmetterlinge im Bauch und das Angstkribbeln im Solarplexus sind identisch. Aber das will ja keiner wissen. ^^

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    1. Cool! Hab noch nie genauer über das Thema nachgedacht:Positive Ängste und negative Ängste. Danke! Was neues zum drüber nachdenken!

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