Der Gewinn oder Warum wir uns oft nicht ändern können

Ok. Die Welt ist ein komisches Tier, genauso wie wir Menschen, die wir in und auf ihr leben. Wenn man uns von der Ferne betrachtet, könnte man meinen, dass wir wirr hin und her rennen, oft die abstrusesten Dinge tun, die überhaupt keinen Sinn ergeben und prinzipiell damit beschäftigt sind uns auf kurze und lange Sicht selber zu zerstören. Im Großen, wie im Kleinen.

Wenn man aber genau hinguckt, kann man erkennen, dass wir in fast allen Fällen nach klaren und wiederholbaren Mustern handeln. Die allermeisten Sachen, die wir tagtäglich erleben, sind Wiederholungen von immergleichen Mechanismen, die wir sofort bei Eintritt in unser Blickfeld, Denkfeld einsortieren:

  • Ah, der, der selbstsüchtig nur sich selbst sehen kann
  • Ah, die, die sich selbst immer pseudoschlecht macht, damit andere ihr sagen, dass sie so toll ist
  • Ah, der, der immer nur vorbeischaut, wenn er was will oder wenn man in einer Position ist, von der er profitieren kann
  • Ah, der, der immer darin aufgeht anderen zu helfen
  • Ah, die, die immer in atemlosen Schwierigkeiten ist
  • Ah, die, die immer todunglücklich ist, aber sich nicht helfen lassen will

Das hilft Künstlern überspitzte Charakterstudien zu zeigen, die wir alle verstehen – ob wir vom Nordpol oder Südpol kommen – denn wir alle erkennen diese Verhaltensweisen. Sie sind universell ein – und übersetzbar.

Ich habe beobachtet, dass eine Regel im menschlichen Verhalten die ist, dass kein Mensch was tut, wenn er nicht einen Gewinn davon hat. Wobei das Wort Gewinn hier vielleicht irreführend ist. Gewinn ist was positives, aber in ganz vielen Fällen haben die Menschen irgendwie verdrehte, verwirrte Begrifflichkeiten:

  • Sie tun sich weh und nennen das Liebe
  • Sie lästern übereinander und nennen das Freundschaft
  • Sie hauen einander über’s Ohr und nennen das Geschäftssinn
  • Sie neiden sich die kleinste Kleinigkeit und nennen das Team

Elementar, mein lieber Watson

Ich erkläre das mit dem Gewinn mal an einem Beispiel, das jeder kennt. Jeder von uns kennt die Beziehungen, in denen sich die Partner immer wieder weh tun, unglücklich sind und trotzdem nichts daran ändern, sondern das selbe Stück immer und immer wieder aufführen. Wie eine Disc mit einem Kratzer. Nun sollte man meinen, diese Menschen sind unglücklich, also wollen und werden sie was an dieser Situation ändern. Richtig? Falsch! In den meisten Fällen geht das endlos so weiter und Selbst wenn es zu einer Trennung kommt, geht es in der nächsten Partnerschaft direkt wieder von vorne los. Aber warum?

Ich hab für mich rausgefunden, dass man fast jedes menschliche Verhalten verstehen und aufdröseln kann, wenn man wie Sherlock Holmes oder Miss Marple sich als Detektiv versucht und nach dem Motiv sucht mit der Frage: „Was ist der Gewinn?“ Ich hab bis jetzt noch keinen Menschen gefunden oder gesehen, der Sachen macht, von denen er keinen Gewinn hat. Das ist nix ehrenrühriges, Ihr könnt es auch anders nennen: Motivation, positive Bestätigung, wie auch immer. Es geht um etwas, das uns ein gutes, bekanntes, sicheres Gefühl gibt. Ich für mich nenne es Gewinn und diese Frage nach dem Gewinn hilft mir oft menschliches Verhalten zu verstehen, vor dem ich sonst verblüfft und kopfschüttelnd stehe.

Zurück zu unserem Beispiel. Wir nehmen mal den krassen Fall: Ein Paar, das sich regelmäßig so streitet, dass es zu richtig fiesen Auseinandersetzungen kommt, in denen sie sich (manchmal auch reale) Sachen an den Kopf werfen, die unter die Gürtellinie gehen und tief treffen. Sie verletzen und zerfleischen sich. Normalerweise bleibt man doch nicht in einer Situation, die einem so sehr weh tut, einen so trifft und verzweifeln lässt, oder? Entweder man geht oder man arbeitet daran die Situation zu verbessern. Aber diese Menschen scheinen das ritualisierte Streiten und Verletzen zu brauchen. Und tatsächlich ist das auch so.

4 Kommentare

  1. schlingsite sagt:

    Es gibt auch Handlungen deren Gewinn an andere geht.

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    1. Bin ich mir nicht sicher?. Hab da auch schon viel drüber nachgedacht. Manchmal denke ich ja, manchmal nein. Wenn man das nämlich immer weiter denkt, praktisch dem ganzen bis zum Ursprung folgt, hat man ja aber auch davon selbst einen Gewinn. Einen irgendwie positiv/negativen Gewinn: Einerseits schön, weil man was für jemand anderen getan hat, andererseits schwierig, weil das oft mit zu viel Selbstaufgabe verbunden ist. Oder meinst Du was anderes?

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  2. schlingsite sagt:

    Wenn man einen Wald anlegt, werden erst spätere Generationen ernten können. Den Gewinn hat man selbst nicht. Das Gefühl ein Wohltäter zu sein, läßt sich auf anderen Wegen wesentlich schneller erreichen und scheidet so als Beweggrund aus. Sichaufopfern bis hin zum Tod fällt auch schwer als Gewinn zu bezeichnen. Die Nützlichkeit des Verhalten des Samariters ist nur auf der Seite des anderen gegeben.

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    1. Das mit dem Wald ist ein interessanter Punkt. Ich würde dazu neigen, dass aber als Gewinn für den Baumpflanzer zu sehen. Das, was uns was gibt, definiert sich ja für jeden unterschiedlich. Bedingt durch unsere Erfahrungen, Erziehung. Als überspitztes Beispiel: Wenn jemand von klein auf lernt, dass die Natur wichtig ist, dass man was dafür tun muss und dass in den Club gehen und auf die Pauke hauen unnütz oder schädlich ist, dann wäre einen Wald pflanzen ein Gewinn auch für diese Person, nicht erst für spätere Generationen und feiern gehen, würde der Person gar nix geben. Gewinn heißt ja auch nicht immer, dass es negative Konsequenzen haben muss, weder für den der was macht, noch den, der es ev. empfängt. Manche Arten von Gewinn sind ja auch durchaus angemessen, normal und positiv. Daher sind sie ja auch unkritisch, gehören zum normalen Alltagsgeschehen, die Menschen sind ja zufrieden und wollen/müssen sich deshalb in der Regel nicht ändern. Ganz oft ist es aber so, dass Menschen unglücklich sind, ABER trotzdem nichts ändern können/wollen. Und da dreht sich der Gewinn von was positivem in was negatives und bleibt aber dabei – und das ist ja das Gemeine – trotzdem ein Gewinn und man kann sich deshalb so schlecht dagegen wehren. Das Prinzip vom Gewinn bleibt in unseren Leben immer bestehen, nur gibt es eben einen positiven und einen negativen Gewinn. Ich würde persönlich immer das glücklich sein als Kriterium heranziehen, um das zu bewerten (aber das muss jeder für sich selber festlegen) : Wenn einer glücklich ist, dann ist das vollkommen ok was er macht, selbst wenn andere/Außenstehende das vielleicht anders bewerten. Erst wenn die Person unglücklich oder unzufrieden ist und rätselt, warum bleib ich denn in einer negativen Situation, dann ist es ein verdrehter Gewinn. Und das zu erkennen, dass man auch aus einer negativen Situationen einen Gewinn hat, also die eigene Motivation zu verstehen, hilft mir zumindest ungemein das ganze zu verstehen und dann ggf.auch anzupacken.

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