Vision und Verzweiflung

Ok. Ich hab ja neulich schon geschrieben, dass ich denke, wir haben das Ding mit der Demokratie nicht nur in den Sand gesetzt, sondern vielleicht auch nicht verstanden. Oder vielleicht haben wir es auch einfach inzwischen vergessen. Gestern hab ich darüber noch bissle weiter nachgedacht, als ich die Songs „Fait accompli“ und „They want Gold“ von Canibus gehört hab. In den Songs geht es um verschiedene Themen von Macht und wie die Welt funktioniert und zwei Zeilen haben ganz konkret zu zwei Gedanken und in der Folge dann zu diesem Beitrag geführt.

Eine Zeile war die Aussage, dass es letztendlich überhaupt keine Rolle spielt, welche Partei die Kontrolle hat, weil alle Parteien Macht haben und halten wollen. Und das schließt per se aus, dass sie wirklich was verändern können am Status Quo. Das zweite Thema war die internationale Banken- und Währungsfonds-Mafia (das Wort Mafia kommt von mir), die seiner Meinung nach alles kontrollieren. Nicht nur im übergeordneten Sinn, sondern auch im weiteren Sinn, in dem sie bestimmen, wer Macht haben darf, welche Informationen publik werden und welche nicht. Zum ersten Gedanken schreib ich demnächst was, weil ich da noch bissle länger drüber nachdenken muss.

Ein Gedanke = Ein Beispiel
Der zweite Gedanke, zu dem mich die Songs angestoßen haben, war folgender: Natürlich kontrollieren die finanziellen Mächte unsere Welt und unser Leben. Wahrscheinlich weitaus mehr, als wir uns das vorstellen können. Ich mein, mal ganz im Ernst: In Wahrheit hält niemand ein Land davon ab soviel Geld zu drucken, wie es will. Wenn ein Land es wirklich wöllte, könnte es zum Beispiel auch hingehen und Einkommen und Arbeit entkoppeln. Es könnte sagen, jedem Bürger des Landes stehen monatlich 5000 Einheiten Geld zur Verfügung. Es könnte bestimmen, das Waren einen festen Maximal-Preis haben, um Inflation zu unterbinden, es könnte Wohneigentum und Inhaberschaft von Geschäften und Firmen abschaffen. Und natürlich auch den Arbeitslohn.

Arbeit findet noch statt, aber eben ohne Entlohnung. Stattdessen geht das erwirtschaftete Geld an den Staat. Der es wiederum an die Bürger ausschüttet. Jeder bekommt das Gleiche. Ein Politiker kriegt das selbe, wie ein Bäckereiverkäufer. Weil Einkommen entkoppelt ist von Stellung. Das würde bedeuten, der Stellenwert eines Mitglieds in einer Gesellschaft ist seine Existenz und nicht sein Können, sein Funktionieren oder wie gut er sich durchmogeln oder andere ausnutzen kann. Das würde auch den Weg dafür frei machen, dass Menschen wirklich das arbeiten können, was sie erfüllt und worin sie gut sind, anstatt danach schauen zu müssen, dass sie genug verdienen.

Wir denken immer „Die Dinge sind eben so, müssen eben so sein und können auch nicht anders sein, weil es nur so funktioniert“. Aber in Wahrheit stimmt das natürlich nicht. Ich vergesse das selber so oft.

Werbelügen
Zum Beispiel reg ich mich immer total auf über Werbung, über Sendungen wie „Thomas, die Lokomotive“ (meiner Meinung nach hochgefährlich – außer natürlich, wenn man fleißige, kleine, gehorsame Arbeiterbienen produzieren will) und über den ganzen Reality-Tv-Mist und denk dann: Nu, das ist eben nunmal so, kann man nix machen. Ist es aber nicht. Es erscheint uns nur so, weil es in unserer Gesellschaft als akzeptabel gilt. Wenn aber zum Beispiel irgendwann beschlossen worden wäre, dass Geld verdienen nicht die oberste Maxime ist und alles legitimiert, dann sähe unsere Welt anders aus. Wenn vor 30 Jahren beschlossen worden wäre, dass in der Fernsehwerbung nur reale Menschen, reale Situationen und Produktinformationen enthalten sein dürfen, wäre es für uns total absurd und kriminell, wenn eine Werbung für ein Auto uns mit psychologisch ausgefeilten Fallen angreift, wie Farben, Musik und Sätzen wie „Du willst Freiheit“ oder kleinen Babykätzchen, die auf Autositzen rumtoben (als ob es denen um unsere Freiheit oder Babykätzchen gehen würde)!

Wenn beschlossen worden wäre, dass Werbung nicht lügen darf, dann wäre es für uns ganz normal zu hören: „Unser neues, verbessertes Produkt kann zwar nicht mehr als vorher, aber wir haben einen tollen, neuen Zitronengeruch und wir glauben, dass unsere Kunden den mögen werden. Wir finden ihn klasse.“ Stattdessen wird uns ein schlechtes Gewissen gemacht mit irgendeinen Gesangsstück, das uns mitteilt, wie verantwortungslos wir sind, weil unsere Waschmaschinen länger „leben“ könnten, wenn wir nur dieses oder jenes Produkt kaufen würden. Es liegt nur an uns, alles kann so einfach und gut sein, wenn wir nur die richtigen Dinge kaufen. Und wenn nicht, sind wir selber schuld und müssen die schlimmen, möglichen Konsequenzen dafür tragen. Werbung an und für sich ist ja eine coole Sache, wenn man ein Produkt hat, hinter dem man steht und dass man den Menschen ehrlich anraten kann – ohne sie anzugreifen, zu übertölpeln oder zu benutzen.

Ich. Oder Ihr? Oder wir.
Ich vergess immer wieder, dass die allermeisten Dinge eben nicht „so sind“, sondern dass irgendjemand sie irgendwann mal so beschlossen hat und wir alle sie so akzeptieren und mittragen. Und wenn mir das dann auf-und einfällt, ist das immer ein dualer Moment der gleichzeitigen Vision und Verzweiflung. Auf der einen Seite erschließt sich mir, was alles möglich wäre, dass es wirklich keinelei Grenzen gibt, dass wir die nur in unserem Kopf ziehen und auf der anderen Seite erschließt sich mir, was alles möglich wäre, dass es wirklich keinelei Grenzen gibt, dass wir die nur in unserem Kopf ziehen.

Vision|Verzweiflung     |     Möglichkeit|Realität

Uns wird gesagt, man kann nix dagegen tun, dass so viele Kinder in Deutschland unter der Armutsgrenze leben, dass es in manchen Gegenden keine Jobs gibt, dass oftmals ein Vollzeitjob nicht reicht, dass eine Person davon leben kann – geschweige denn eine Familie, dass Wohnungen unerschwinglich werden – nicht nur durch Miete, sondern durch Provision, Kaution und die unzähligen Reifen, durch die man springen muss. Dass wir alle langsam verdummen und verrohen. Das ist eben so.

Uns wird gesagt, wir müssen funktionieren, gehorchen und uns anpassen, wir sind schließlich nur ein Rädchen im Großen Ganzen. Der Einzelne muss zurückstecken zugunsten vieler und auf Einzelschicksale kann keine Rücksicht genommen werden. Wenn Du was willst, dann musst Du hart dafür arbeiten und wer sich nicht an die Spielregeln hält oder andere Regeln will, der hat halt Pech und muss die Konsequenzen tragen. Man kann nicht  den Kuchen haben und ihn gleichzeitig essen und Freiheit hat ihren Preis. Das ist eben so.

In Wahrheit ist das natürlich alles Quatsch. Nichts ist eben so. Es ist nur so, weil kein gesellschaftlicher Wille da ist, es zu ändern.

P.S.
Und mal ganz im Ernst: Wenn ich einen Kuchen hab, dann verdammt nochmal wohl, um ihn zu essen! Nur mal so nebenbei gesagt!

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