Digitales Malen

Ok. In meinen Beiträgen veröffentliche ich ja immer Bilder, die sich mit dem, was ich geschrieben hab, auf die eine oder andere Art beschäftigen. Und natürlich male ich auch unabhängig vom Schreiben Bilder. Dieses malen passiert ausschließlich digital, mit meinem Ipad, 4 Apps und einem Eingabestift. Da im App-Store von Apple die Suchfunktion und Katalogisierung ja so gruselig ist und man nur mit viel Glück das findet, was man sucht (eben wie im richtigen Leben, gell, haha. Ohje!), teile ich heute mit Euch die Apps, die ich zum Malen benutze und meine Eindrücke zum digitalen Malen.

Going digital
Angefangen digital zu malen, hab ich vor 4 Jahren aus der Not heraus. Ich wollte unbedingt einen Hintergrund für mein Ipad, aber die angebotenen Skins fand ich so lahm und unintelligent, also hab ich ich meiner üblichen schwäbischen Noddlerart gedacht: „Das kann ich auch selber machen.“ (Das werd ich wahrscheinlich immer und über alles denken: „Titanic, so ein Mist, das kann ich selber besser machen! Internet? Pffft, das krieg ich auch hin!“). Nu gut, also hab ich Malprogramme gesucht und hab erstmal nur allerlei Mist gefunden und war schon fast am Aufgeben. Bis sich das Blatt gewendet hat und tatsächlich kann ich fast gar nicht ausdrücken, wie viel Glück ein einziges Malprogramm, „Art Studio“, in mein Leben gebracht hat. In der Lage zu sein mich auszudrücken, wie ich will, das Ventil zu öffnen und die Bilder, die ich im Kopf gemalt hab, endlich auch in echt zu malen, mich Sachen zu getrauen, die ich mich vorher nicht getraut hab, Zustimmung zu bekommen – das sind alles so schöne Erfahrungen, die ich ohne die Apps im Malen vielleicht nie gemacht hätte. Denn wie in „Mal mal“ beschrieben, hab ich ja schon immer den Drang und vor allem den Wunsch gehabt zu malen, es immer wieder versucht, aber es hat immer im Fiasko geendet und mir einen kleinen Herzschmerz verursacht.

Mal-Programme
Ich male meine Bilder mit folgenden 4 Apps. Die Reihenfolge entspricht der Wichtigkeit und Benutzung für mich

• „Art Studio“ von Luckyclan

• „Procreate“ von Savage Interactive Pty Ltd.

• „Art Rage“ von Ambient Design Ltd.

• „Inspire Pro“ von SnowCanoe

Dazu benutze ich teilweise zum Malen einen Adonit Pixel Eingabe-Stift. Wobei ich das erst seit kurzem mache und ihn hauptsächlich fürs filigrane Zeichnen nutze. Der Großteil meiner Bilder ist ohne Stift, nur mit meinen Händen als Eingabegeräte, gemalt. Wenn man es erstmal ausprobieren will, reichen eine einzige App und Eure Hände vollkommen aus, um ganz, ganz viel zu malen und Spaß zu haben. Ich bin manchmal total versunken für Stunden und male an einem einzigen Bild tagelang – oder auch nur 15 Minuten. Das kommt immer auf das Bild drauf an und darauf, wie viele  Schichten, Pinsel, Farben ich nutze. Ich denke, diese Apps sind auch in Android-Versionen erhältlich.

Staying digital

Mein allererstes richtiges und absolutes Lieblings-Programm zum Malen war und ist noch immer „Art Studio“ von Luckyclan. Dieses Programm ist die Grundlage aller meiner Bilder. Damit kennzeichne ich meine Bilder mit meiner Unterschrift und es ist die App, ohne die ich nichts machen könnte. Sie bietet vor allem ein paar Sachen, die die anderen Programme nicht haben. Für mich ist hauptsächlich die Texteingabe mit den vielen unterschiedlichen Schriften wichtig und das Malen in verschiedenen Formen, was dann zusammen mit den jeweiligen Pinseln ganz neue, ungeahnte Formen erschafft. „Art Studio“ ist auch die einzige App, die ich für manche Bilder alleinig nutze. Die meisten meiner Bilder entstehen aber, indem ich die unterschiedlichen Apps zusammen benutze: Ich nehme mir von einer App, das, was die hat, schick das Bild an die nächste App, die zum Beispiel wiederum eine bessere Wischfunktion hat und so weiter.

Und obwohl ich die Apps teilweise schon nahezu 4 Jahren nutze, bin ich immer noch am Entdecken von neuen Möglichkeiten. Denn das ist die eigentliche Stärke dieser Apps: Dass man endlose Variationen und Mixe ausprobieren kann. Das braucht Zeit und Glück (vor 3 Jahren hab ich, beim wild drauflos probieren, ein Bild gemalt und ich versuch seit 3 Jahren diese bestimmte Abfolge von Funktionen wieder zu finden, weil das so einen krasse Pinsel erzeugt hat. Und ich kann es nicht mehr reproduzieren, weil ich nicht richtig aufgepasst hab, was ich mach! Ich Dubbel! Das macht mich schier wahnsinnig!). Wenn man die Programme wirklich nur strikt mit den voreingestellten Werten zum Malen nutzt, sind die Apps sicher auch ok. Aber sie können so viel mehr!

Ich bin der Meinung, das ist sogar eine ganz neue Kunst-/Malrichtung. Ein neuer Stil mit neuen Werkzeugen und neuen Ergebnissen. Ein paar Beispiele: Ich hab erst nach fast 2 Jahren entdeckt, dass ich einige ganz besondere interessante Farbtöne erzeugen kann, wenn ich dem Bild erst alle Rottöne entziehe, um es dann wieder per voreingestellter Funktion zu „naturalisieren“. Oder,wenn ich „Rauschen“ einfüge, dann das Gesamtbild einfärbe und das Rauschen dann wieder rausschneide, bekomme ich eine ganz aufregende Textur, die ich gern als Hintergrund nutze. Die Textur selber sieht man dabei  später gar nicht mehr, aber sie macht, dass die Farbe, die ich auf sie auftrage, ganz anders aussieht. Manche Pinsel sind total uninteressant, bis man sie ganz anders in der Körnung oder Dichte einstellt. Manchmal kriegt man durch Mischen von verschiedenen Funktionen etwas ganz Neues, Unerwartetes.  Und da die Möglichkeiten so vielfältig sind, entdecke ich selbst jetzt, nachdem ich die Apps schon ewig und täglich nutze, noch ganz neue Sachen. Es ist, wie immer, eine Art Baukasten-Lernen: Je mehr ich mich mit einer Funktion vertraut mache, desto mehr kann ich sie nutzen, mit anderen Funktionen mischen und so lerne ich andere wiederum besser kennen. Was mir vor allem Spaß macht, ist das Ausprobieren, neue Möglichkeiten finden. Der Entwickler der App hat vielleicht nicht daran gedacht, dass ich seine Anwendung so nutze, aber die Möglichkeiten geben es her, so why not?


Die Bilder können auf jedem elektronischen Weg digital gespeichert und verschickt werden. Wenn man sie in „echt“ haben will, geht das auch. Für kleinere Sachen, wie Grußkarten, Geschenkpapier, Postkarten etc. langt ein normaler Farbdrucker. Wenn man ein Bild als Poster aufhängen will, kann man das auch, es gibt Läden (in echt oder im Internet), die das machen. Ich nutz seit Jahren meine eigenen Bilder als Bildschirmschoner und Hintergrund und verschenke sie auch ganz oft. „Art Studio“ bietet auch die Möglichkeit eineigenes Bild einzureichen und wenn es denen gefällt, wird es in einer Online-Gallerie veröffentlicht, wo jeder sich die Bilder anschauen kann, die mit der App entstanden sind. Ein kleiner Tipp: Jede App hat eine eigene „Galerie“, um die gemalten Bilder zu speichern. Ich nutze diese Galerie jedoch nur für die Bilder, an denen ich noch arbeite und für ganz wenige Bilder, von denen ich weiß, dass ich sie später nochmal bearbeiten will. Den Großteil meiner Bilder speichere ich als Foto, so kann ich sie ablegen, wo auch immer ich will – auf einem externen Laufwerk, einem Stick, dem PC, einer Cloud. So spare ich Speicherplatz auf dem Ipad selbst.

Das Warum
Warum gibt mir das elektronische Malen Freiheiten, die mir das analoge Malen nicht geben konnte? Ich glaub, es sind mehrere Gründe:

Die Löschfunktion
Die Möglichkeit meine letzten Eingaben ungeschehen zu machen, hat mir Freiheit und Vertrauen gegeben. Ja, klar kann ich auch Radiergummi benutzen, aber dann ist das Papier krumpelig und es geht nicht ganz weg und überhaupt. Es ist vor allem mental: Mir gibt die Löschfunktion die Freiheit zu versagen, die ein Radiergummi mir irgendwie nicht geben kann.

Die vielen verschiedenen Funktionen
Wenn ich mit Farben und Papier male, muss ich mich relativ festlegen (oder richtig gut mit Malzeugs ausgerüstet sein). Digital kann ausprobieren so wild, wie ich will und schauen, wo mich das hinbringt. Was ich besonders gern mag, ist ein Sujet in verschiedenen Variationen auszuprobieren. Zum Beispel in verschiedenen Farben. Denn rosa sagt was ganz anderes aus, als zum Beispiel schwarz. Und wenn es nix wird, hab ich keine Papierknäul, die mich aus den Mülli heraus vorwurfsvoll anschauen, sondern, dann ist es einfach gelöscht.

Die Greifbarkeit
Vor allem mag ich, dass ich malen kann, wo immer ich bin und dass ich meine „Kunst“ immer teilen kann. Ohne großen Aufwand und ohne Zeugs mitzuschleppen, kann ich überall malen, egal, ob ich beim Arzt im Wartezimmer sitze oder im Park auf ’ner Decke in der Sonne liege. Ich bin zum Beispiel einer der Menschen, die auf Bewegung reagieren. Wenn ich im Zug sitz oder lauf, kann ich unglaublich gut kreativ sein. Und auch, wenn ich versuche mir das zu merken, was ich malen will oder das Gefühl wieder hervorzurufen, ist es eben nicht das selbe, wenn ich 4 Stunden später versuche, den Eindruck, den ich im Zug hatte, wieder aufzunehmen. Zur Greifbarkeit gehört natürlich auch, dass ich all die Bilder, die ich gemalt hab, nie in echt aubewahren könnte. Die würden viel, viel Platz wegnehmen und nach und nach verstauben.


Fazit
Wie Ihr wisst, hab ich ja so meine moralischen, philosophischen Probleme mit der kommerziellen und der ideologischen Seite des Internets. Das Malen mit diesen Programmen, ist aber was, was meiner Meinung nach dem usprünglichen Gedanken des Internets nahekommt (ich hab neulich das allererste Dokument gelesen, das jemals im Internet veröffentlicht wurde und das war sehr aufregend. Hat mir auch noch mal vor Augen geführt, wie entgleist das heutige Internet ist und weit weg vom Gedanken, was Internet mal sein sollte). Digitales Malen ersetzt nicht stumpf, ist nicht redundant, sondern es ist eine neue, zusätzliche Ebene, die aufbaut auf den analogen, nicht virtuellen Dingen. Und dadurch entsteht etwas Neues. Und das mag ich. 

Wie digitale Bücher, sehe ich digitales Malen auch als Ergänzung an, eine Erweiterung, die ihren eigenen Sinn und Raum hat. Eine natürliche Evolution. So wie der Stein dem Papyrus weichen musste und dieser wiederum dem nächsten Material. Es gibt Bücher, bei denen bin ich froh, dass ich sie nicht in echt hab, sondern nur in digital. Die lese ich und dann ist’s gut. Die würden bei mir rumstehen, Staub ansetzen und ich würde mich jedes Mal beim Putzen über sie ärgern. Und dann wiederum gibt es Bücher, die ich in echt haben MUSS. Ich will sie sehen, riechen (richtige Bücher haben einen so schönen, einzigartigen Geruch), will das Krachen hören, wenn ich eine Seite umblättere. Ich könnte mir nie vorstellen meine Lieblingsbücher nur digital zu lesen. Weil sie mehr sind als nur die Summe ihrer Wörter. Aber ich versperr mich auch nicht dem Nutzen der neuen Möglichkeiten. So wird auch das digitale Malen das echte Malen nicht verdrängen. Sie werden nebeneinander existieren. Bis zur nächsten Evolutionsstufe.

Wenn Ihr das digitale Malen mal ausprobieren wollt, dann kennt Ihr zumindest schon mal 4 Apps, die wirklich gut sind. Wenn Ihr noch andere Empfehlungen, eigene gute – oder auch schlechte – Erfahrungen mit den Apps, Vorschläge oder Fragen habt, teilt sie einfach mit den anderen Lesern per Kommentar. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Malen!

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