Ich bin ein gutes Mädchen

Ok. Ich fühl mich permanent schuldig. Nicht dies genug oder das genug. Schlecht. Als wäre meine Grundfeste immer am Rutschen. Als würde ich kämpfen müssen, sobald auch nur irgendjemand mich schräg (oder auch unschräg) anschaut. Und als würde es permanent einen unmenschlichen Kraftaufwand von mir fordern die Grundfesten auch nur annähernd im Lot zu halten. So dass das meine Hauptaufgabe im Leben ist.

Ich bin einfach kein gutes Mädchen. Punktum. Ich bin schlecht.

Das Ding ist nur: Ich hab schon vor vielen, vielen Jahren verstanden warum ich mich so fühle und dass ich mich so nicht fühlen muss. Dass ich kein schlechtes Kind bin. Zuerst rational verstanden und ein paar Jahre später auch emotional. Ich dachte, dass legt das Gefühl ad acta. Tut es aber nicht. Denn ich fühl mich trotzdem immer noch permanent schuldig. Und dass ich mich immer noch so fühle, obwohl ich weiß, dass ich es nicht muss, führt dann zu einer ganz neuen Schleife: ich fühl mich schuldig, weil ich mich schuldig fühle, obwohl ich weiß, dass ich nicht schuldig bin! Aaaah!

Die Frage ist: warum?

Die Antwort ist glaube ich folgende: der Grund für mein mich schuldig fühlen geht zurück in meine Kindheit und hat begonnen in meiner frühesten Kindheit (mir wurde fast täglich gesagt, dass ich schuldig und schlecht bin und das Leben meiner Mutter zerstöre (von meiner Mutter gesagt. Das erste Mal, an das ich mich erinnere war ich so um die 3 Jahre alt. Das war aber sicher nicht das erste Mal, dass sie es gesagt hat!). Das heißt, während ich mich entwickelt hab war es immer normal für mich mich schuldig und unerwünscht zu fühlen. Als hätte ich kein Recht auf meinen Platz. Dieses Gefühl entsteht in meinem Körper ja nicht aus dem Nirgendwo. Es sind Hormone etc., die dieses Gefühl erzeugen. Dieses Gefühl ist physikalischen Ursprungs (nicht in seinem Originalen Ursprung, da wurde es erzeugt von meiner Mutter, sondern in seinem von mir gefühlten, innerlichem Ursprung). Vielleicht ist es ein kleines bisschen mehr Adrenalin in meinem Hormonhaushalt als normal wäre oder sonst ein anderer Stoff, der dieses Gefühl erzeugt.

Das heißt, ich/mein Hormonhaushalt ist gewohnt mit diesem Gefühl zu funktionieren. Das ist die Baseline für „normal“ in mir. Mich schuldig fühlen.

Als ich die Struktur hinter diesem Gefühl verstanden hab und es loslassen konnte, hab ich das selbstverständlich in meiner bewußten Ebene getan. Das ist wo wir solche Sachen denken. Das ist aber nur ein Teil von mir. Ein anderer Teil ist die unbewußte Ebene. Und diese ist es, die enger verbunden ist mit den physikalischen Abläufen. Denn das ist es, das es uns überhaupt erst erlaubt so viel zu denken und zu wissen: Unsere Fähigkeit das meiste von uns im Autopilot laufen zu lassen und die Welt im Autopilot zu er- und durch leben.

Eine Bild dafür wäre: es ist als würde der unbewußte Teil von uns uns jeweils immer nur erlauben in einem bestimmten Gebiet, das wir ausgiebig kartographiert haben zu bewegen und das in Trippelschritten. Und manchmal können wir umschalten in den bewußten Teil und der erlaubt uns unbekanntes Land und ganze Ozeane in einem Schritt zu überqueren. Der unbewußte Teil in uns und unsere Biochemie sind praktisch eines, gehen Hand in Hand, während der bewußte Part nur dann Kontrolle über die Biochemie hat, wenn er, nun, bewußt ist. Da wir aber den Großteil unseres Lebens unbewußt verbringen (denn bewußt sein kostet Energie und Aufwand), ist das, was ausschlaggebend ist für wie wir uns fühlen der unbewußte Teil.

Und genau deshalb fühl ich immer noch dieses Schuld-sein, dieses ungenügend sein in mir. Obwohl ich bewußt weiß, dass ich es nicht bin! Weil dieses Gefühl im Unbewußten zu den normalen Ingredienzien in meinem Gefühls/Hormonhaushalt gehört.

Das heißt für mich: ich kann aufhören mich schuldig zu fühlen, dass ich mich schuldig fühl, obwohl ich weiß, dass ich mich nicht so fühlen muss. Das ist gut zu wissen. Aber kann ich denn auch tatsächlich etwas daran ändern, dass ich mich ständig fühl als würde gleich auffliegen, dass ich ein schlechtes Mädchen bin? Denn, wenn ich es weiter meinem unbewußtem Sein überlasse wird sich ganz klar nix ändern. Hab ich ja schon ausprobiert.

Ich hab darüber nachgedacht und ich glaube, dass da was ist, was ich tun kann. Ich muss meinen Körper darauf trainieren keine Schuldgefühle zu haben, genauso wie er in meiner Kindheit trainiert wurde welche zu haben! Ganz einfach, gell? Und logisch. Wie alles in und um unseren Körper.

Wie kann das gehen? Natürlich nur über bewußt sein. Ich hab folgendes beschlossen: jedesmal, wenn ich dieses schuldige, schlechte Gefühl bemerke, werde ich laut sagen: „Du hast gar keinen Grund Dich schuldig zu fühlen. Du bist ein gutes Mädchen!“ Das wichtigste hierbei ist es das laut zu sagen.

Und ich werde jeden Tag dreimal ein paar Minuten bewußt denken: wow, was für ein gutes Mädchen ich bin!

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich damit mein Schuldgefühl ändern kann. Tatsächlich merke ich in dem Moment, wenn ich sag „wow, was für ein gutes Mädchen ich bin!“, dass es sich ändert. Ich fühl mich leichter, weniger beschwert. Und stärker. Aber dass sich das momentan ändert ist ja nicht mein Ziel. Mein Ziel ist es dieses Gefühl unterbewußt zu verankern. Und ich glaube, das wird klappen, so wie ich mir das überlegt hab. Daumen drücken!

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