Ok. Es fällt mir schwer im Schreiben oder im Rat geben persönlich anzuknüpfen. Nicht, weil es mir per se schwer fällt persönlich zu sein, sondern weil ich unser menschliches Verhalten für mich angeschaut und festgestellt hab, dass sozial persönlich sein immer einher geht mit manipulieren. Manipulieren ist: unser soziales Verhalten nutzen, um zum Ziel zu kommen. Und das will ich nicht.
Normalerweise nutz ich daher Geschichten, meine eigenen oder die anderer und erzähle sie neutral, um etwas zu zeigen. Und überlasse dann den anderen die Wahl, ob sie etwas davon annehmen wollen. Ich will, dass sie mit absolut freiem Willen entscheiden, ob und was sie annehmen. Warum? Weil ich in dem Moment, in dem ich persönlich anknüpfe, manipuliere. Das liegt in der Natur der Sache. Buchstäblich. Denn dadurch, dass wir soziale Wesen sind, reagieren wir anders, wenn jemand uns neutral anspricht oder persönlich anspricht.
Und es ist für mich wichtig, dass mein Gegenüber von sich selber aus von etwas überzeugt ist und nicht nur, weil ich es gut verkaufen kann. Denn das bestimmt für mich die Qualität, die Wahrhaftigkeit von etwas: Wenn Du sehen kannst, dass etwas richtig ist und Dich DAFÜR entscheidest und es nicht nur annimmst, weil ich gut manipulieren, überzeugen kann.
Und so hab ich für mich irgendwann beschlossen prinzipiell nicht zu manipulieren. Was eine komplizierte Sache ist in einer sozialen Gesellschaft und als Teil einer sozialen Art. Es kam mit einem Preis, aber die Belohnung war es wert. Es hat mich zwar weg-dividiert von den meisten Menschen, aber es war mir wichtiger gerade zu sein als angedockt. Weil die Art und Weise wie Menschen tagtäglich millionenfach manipulieren, war für mich unerträglich. Ich wollte Klarheit, Wahrheit und Verantwortlichkeit. Zumindest von meiner Seite, was die einzige Seite ist, die ich kontrollieren kann.

Wie immer hat diese Erfahrung ihre Arbeit geleistet und ich hab mich dadurch weiter entwickelt. Und auch wie immer, konnte ich, als die Erfahrung ihre Aufgabe erledigt hatte, dieses Thema hinter mir lassen. Weil ich die damit verbundenen Schmerzen entschmerzt hatte. Weil ich auseinanderklamüsern konnte, was was ist und es benennen konnte: Was ist mein Part? Was ist der anderer? Was ist ok für mich und was nicht? Und so, nach und nach, hab ich meine Meinung zum sozialen manipulieren konsolidiert (manipulieren klingt so schlimm, aber das ist, was es ist: manipulieren reicht von einem Lächeln, um zu kriegen, was ich will bis zu wirklich miesem manipulieren).
Und nun ist es ok für mich persönlich anzuknüpfen, persönlich und nicht mehr neutral zu sein – wenn ich vorher sicher gestellt habe, welche Intentionen ich hab, welche Grenzen ich ziehe und das alles ok ist für mich und ich damit gut leben kann.
Und trotzdem: Emotional ist das persönlich sein (aka das Manipulieren), fast mehr als ich ertragen kann. Das ist ok. Es muss nicht leicht sein. Ich weiß inzwischen, dass das Gehirn, die Emotionen, die Psyche nicht anders sind als jeder Muskel. Je mehr man ihn trainiert bestimmte Dinge zu tun, desto besser wird man darin, desto stärker wird man und desto geringer wird der Aufwand, den man betreiben muss, um das Ziel zu erreichen. Also bleibt nix, als es bis dahin auszuhalten.
Besonders der letzte Abschnitt in „Bis es keine Schlachtfelder mehr gibt“ war so schwer für mich zu schreiben. Und es ist nahezu unerträglich für mich den Absatz wieder zu lesen. Ich weiß, dass ich, wenn ich irgendwann besser darin bin, mindestens diesen Absatz nochmal neu schreiben werde. Weil ich weiß, dass ich das besser schreiben kann. Aber für jetzt, für diesen Moment, ist es gut genug, dass ich es überhaupt geschrieben hab. Das ist schon ein riesiger Sieg. Veränderung, Mut, stark sein kommt fast nie in großen Paraden, mit lauten Fanfaren. Meistens ist es ein stilles, zähes Aushalten.

Ich habe das Buch „Beauty, interrupted“ von Carre Otis gelesen, während ich den vorherigen Beitrag geschrieben hab. Dabei hab ich erfahren, dass viele Dinge, die ich für mich erarbeitet habe, Teil der buddhistischen Lehre sind. Das ist ein komisches Gefühl. Aber interessant. Und dann passiert das Unglaubliche: Ich habe den Beitrag veröffentlicht und lese weiter an dem Buch. Und dann komm ich zu einem Teil, in dem Otis von einer Operation erzählt. In Vollnarkose. Und sie beschreibt praktisch dasselbe, was ich auch erlebt hab. Wie sie in Vollnarkose außerhalb ihres Körpers und bewußt war.
Das hat mich total umgeworfen. Aber sowas von total.
LEUTE!!! (Das müsst Ihr euch nahezu gequietscht vorstellen!)
Denn heimlich, obwohl ich meine Erfahrung anerkannt hab, hab ich mich immer noch etwas albern damit gefühlt, an sowas zu glauben. Dass ich mir selber diese Erfahrung glaube, hat mehr mit meinem Ehrenkodex, meiner Disziplin mich selber ernst zu nehmen, mir selber zuzuhören zu tun als damit, dass ich es vollherzig umarme und annehme.
Aber nu ist das anders. Wenn andere das auch erlebt haben, dann MUSS da was dran sein. Die Frage, die sich stellt ist: Warum wissen wir davon nix? Wir lernen in der Schule welche fucking Elemente es gibt, aber nicht, dass unser Bewusstsein außerhalb von uns selbst existieren kann? Wie pervers ist das denn?
Das war, was mit jetzt noch auf der Seele lag zu dem Beitrag „Bis es keine Schlachtfelder mehr gibt“, der natürlich immer noch in mir arbeitet. Wahrscheins kommt da noch mehr, mal schauen. Auch, wenn es mir schwer fällt – das persönliche Andocken im Schreiben – möchte ich, dass jeder, der diese beiden Beiträge liest, dieses weiß: Es mag noch etwas hölzern klingen, das persönliche Andocken, aber jedes Wort meine ich mit und von meinem ganzen Herzen. Und mit voller Aufrichtigkeit und aller Wahrhaftigkeit, derer ich fähig bin.